PM 25-9-18

Pressemitteilung
Hamburg, 25. September 2019

Netzwerk fordert auf Pressekonferenz Abschiebestopp und nennt Causa Maaßen eine „Kriegserklärung an die Gesellschaft“

Einen Monat nach der Hetzjagd auf Migrant*innen in Chemnitz werden am kommenden Samstag Zehntausende in Hamburg unter dem Motto „United against Racism“ demonstrieren.

„In Chemnitz haben wir gezeigt, dass wir mehr sind. Am Samstag werden wir zeigen, was eigentlich Wir heißt. Wir sagen: Alle, die hier sind, sind von hier. Wir werden zeigen, dass die Gesellschaft sich nicht spalten lässt und dass Solidarität unteilbar ist. Geflüchtete und Migrant*innen sind nicht „die Anderen“. Migration ist die Mutter dieser Gesellschaft“, so Newroz Duman, Sprecherin des Netzwerks We’ll Come United.

Die Causa Maaßen ist für Duman ein Beispiel für die Vielschichtigkeit des Rassismus in Deutschland:

„Rassismus ist nicht nur das Geschäft von Neonazis und AfD. Rassismus ist ein Gesamtpaket. Rassismus entscheidet darüber, wer auf dem Mittelmeer gerettet wird und wer nicht. Rassismus entscheidet darüber, wer ein Recht auf Familienleben und auf einen Alltag ohne Angst hat. Hans-Georg Maaßen verkörpert in aller Freizügigkeit diese Bruderschaft des Rassismus.Beim Verfassungsschutz zuständig für die Vertuschung des NSU-Terrors, dann politischer Anwalt der Neonazis in Chemnitz und jetzt Sonderbeauftragter für Abschiebungen im Innenministerium. Was kommt als nächstes – Höcke als Integrationsbeauftragter? Das jetzt mit Maaßen ein Freund der AfD auf Geflüchtete losgelassen wird, ist in Wahrheit eine Kriegserklärung an die Gesellschaft der Vielen, die derzeit zu Hundertausenden im ganzen Land für Seenotrettung und Solidarität demonstriert“

Auf einer Pressekonferenz am heutigen Dienstag stellte das Netzwerk seine Forderungen vor:

Wir fordern:

– einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp – für Roma, für Afghan*innen, für Dublin-Abschiebungen und alle anderen! Wir fordern ein Bleiberecht für alle, die jetzt und heute hier sind und Familiennachzug für alle.

– gleiche soziale und politische Rechte, Freiheits- und Menschenrechte für alle Anwesenden – unterschiedslos und in ganz Europa.

– ein Ende des Sterbenlassens auf dem Meer, in den Camps und auf den griechischen Inseln, wo Tausende seit Jahren auf ihre Rechte warten müssen. Wir fordern sichere Fluchtwege, das Recht auf Schutz, Migration und Asyl und ein sofortiges Ende der Behinderung und Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung.

– den Rücktritt von Bundesinnenminister Seehofer und die Auflösung des Bundesamtes für Verfassungsschutz

Die bundesweite antirassistische Parade startet um 12h am Rathausmarkt und zieht dann mit 40 Wägen durch die Stadt zum Hafen, wo eine internationale Abschlusskundgebung und ein Konzert stattfinden.

O-Töne Pressekonferenz „United Against Racism“, 25.09. 2018
Kenan Emini (Roma Antidiscrimination Network / alle bleiben / Roma Solidarity Bündnis)
Obwohl Roma in den ost- und südosteuropäischen Staaten verfolgt und massiv diskriminiert werden, werden sie dorthin abgeschoben, denn ihre sogenannten Herkunftsstaaten gelten nun nach deutschem Recht als sicher, ihre Asylanträge damit als „offensichtlich unbegründet“. Die Regelung der „sicheren Herkunftsstaaten“ kommt für sie einer Abschaffung des Asylrechts gleich. Wir fordern einen sofortigen Abschiebestopp. Jetzt – und für immer!“

Ibrahim Arslan (Tribunal NSU-Komplex auflösen, Überlebender des Brandanschlags in Mölln 1992) „Opfer und Überlebende sind keine Statisten, sie sind die Hauptzeugen des Geschehenen. Wir fordern die sofortige  Abschaffung des Verfassungsschutzes mit seinen V-Leuten. Wir brauchen keine rassistische Organisation die unsere Verfassung schützt, wir schützen unsere Verfassung und unsere Demokratie  selbst.“

Rola Saleh (Jugendliche Ohne Grenzen, Chemnitz)
„Wann wird es zu spät sein, um noch die Alarmglocken läuten zu lassen? Wenn die sächsische Politik nicht bereit ist, migrantische Menschen zu schützen, dann dürfen Sie die Menschen nicht durch die Wohnsitzauflage zwingen, in Sachsen zu bleiben. Wer Todesangst hat, wird sich nicht integrieren können. Müssen wir restriktive und diskriminierende Gesetze akzeptieren, nur weil sie in juristischen Begriffen verfasst sind? Die sächsische Wohnsitzauflage muss aufgehoben werden!
 Jawid Dhostan (Bleibistan – Kampagne gegen Abschiebungen nach Afghanistan, Hamburg) 
„Viele Afghanen sind nach Deutschland gekommen und wollten Gerechtigkeit und ein friedliches Leben. Viele von ihnen bringen wegen des jahrzehntelangen Krieges in unserem Land nur wenig Schulbildung und keine berufliche Qualifizierung mit. Sind Afghanen deshalb uninteressant für die Wirtschaft? In Deutschland wird viel von Gerechtigkeit geredet wird. Für viele afghanischen Geflüchtete scheint sie nicht zu gelten. Sie werden wie Menschen dritter Klasse behandelt.“
Yavuz Fersoglu (Bündnis Erdogan not Welcome / NAv Dem)
Der türkische Staatspräsident wird diesen Freitag mit allen Ehren empfangen, trotz massiven Menschenrechts- und Kriegsverbrechen im eigenen Land und der Region. Der Flüchtlingsdeal zwischen Erdogans Regime und der EU führt zu mehr Toden an der EU-Grenze und stärkt das Erdogan-Regime. Dem stellen wir uns entgegen. Keine schmutzigen Deals mit dem Erdogan-Regime!“
Siaka Konteh (Gottlieb Daimler Camp Movement, Bremen)
„Nach Jahren unter unmenschlichen Bedingungen im Gottlieb-Daimler Camp beschlossen wir, als junge Leute, uns zu organisieren. Mit der Solidarität der Bremer gelang es unserer Bewegung, die Isolation zu durchbrechen. Aber wir kämpfen weiter. Wir kämpfen für die sofortige Schließung des Lagers, ein Aufenthaltsrecht in Bremen und das Recht eine Schule zu besuchen.
Nina N. (WomeN IN Action / FraueN IN Aktion)
„Wir sind eine feministische und antirassistische Gruppe in Hamburg. Wir fordern das Recht auf Wohnen, denn besonders für Frauen und Kinder ist die Lage in den Camps untragbar. Wir fordern Zugang zu Gesundheitsversorgung und rechtlicher Beratung. Wir sind keine Tiere. Wir sind Menschen. Wir fordern Respekt. Am Samstag werden wir gemeinsam unsere Stimmen erheben.“
Asmara Habtezion (Asmaras World, Hamburg)
„Jeder sollte das Recht auf seine Familie, auf seine Liebsten haben. Ich frage mich ob Menschen sich vorstellen können, was es heißt, wenn man seine Kinder nicht sehen kann, weil sie den falschen Pass haben! Doch leider blockieren Politik und Bürokratie den Familiennachzug. Da geht es nicht nur um Gesetze. Ich habe sehr viel mit Behörden zu tun und erfahre viel Rassismus. Behörden sind nicht auf Migranten eingerichtet. Das fängt schon bei der Sprache an.“
Weitere Informationen
We‘ll Come United ist ein Netzwerk aus Gruppen und Personen, die sich sozial, antirassistisch, kulturell und politisch engagieren, aus Refugees und Supporter*innen, Wissenschaftler*innen, Lehrer*innen, Nachbar*innen, Menschen aller Altersgruppen und aus verschiedensten Bereichen der Gesellschaft. Im September 2017 fand in Berlin die erste Parade statt.